Neuromarketing - Emotionen für den Kaufimpuls

Neuromarketing

Im Social Web ist der Kunde nicht mehr nur Konsument, sondern auch Produzent eigener Inhalte (Prosumer) und damit ein mündiger Partner auf Augenhöhe. Der Informationsvorsprung, von dem Unternehmen früher profitierten, tendiert gegen Null. Ein Kunde will heute nicht mehr einfach nur kaufen, er will auch unterhalten werden (Erlebnisorientierung). Oftmals definiert er auch seinen Lifestyle über seinen Konsum. Hinzu kommt auf Anbieterseite die wachsende Ununterscheidbarkeit von Dienstleistungen und Produkten, während die Konsumenten immer unberechenbarer werden. Mal bevorzugen sie Schnäppchen, mal Luxus, mal Lebensgefühl, mal Discounter. Die tradierten Zielgruppen lösen sich auf. Das so genannte Neuromarketing soll helfen, dem Kunden das zu geben, was er sucht.

Neuromarketing ist ein Teilgebiet des Marketings und setzt auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse. Dabei wird das Ziel verfolgt, die unsichtbaren Zustände und Prozesse, die 98 Prozent unserer Gehirnaktivitäten ausmachen, unter deren Einfluss Konsumenten ihre Kaufentscheidung treffen, sichtbar zu machen. Es wird beobachtet, welche Gehirnareale bei verschiedenen Stimuli aktiv werden. Identifiziert sich ein Konsument stark mit einem Produkt, entsteht erhöhte Aktivität im präfrontalen Cortex (Teil des Frontallappens der Grosshirnrinde). Durch die funktionelle Magnetresonanztomographie können diese Prozesse sichtbar gemacht werden. Erklärtes Ziel des Neuromarketings ist unter Berücksichtigung ethischer Grundsätze, ein besseres Verständnis für die wahren Bedürfnisse und Wünsche von Konsumenten zu erhalten.

Emotionen lösen den Kaufimpuls aus

Für Unternehmen, die sich in mehr als gesättigten Märkten positionieren wollen, wird Neuromarketing zu einem unverzichtbaren Instrument. Es sind nämlich nicht mehr nur Preis- und Produktkompetenz, die darüber entscheiden, welche Unternehmen erfolgreich sind. Entscheidend ist vielmehr, emotional wahrgenommen zu werden. Wichtig sind jene emotionalen Reize, die exakt mit den Grundmotiven des Konsumenten übereinstimmen. Scheier et al. (2010) sprechen hier von den so genannten Codes, jenen Assoziationen in unserem Gedächtnis, die mit Marken und Produktkategorien verknüpft sind und die steuern, wie wir Produkte wahrnehmen und was wir mit Ihnen machen. Denn nur dann beeinflusst die Marketingkommunikation den Kunden aktiv: Die bewusste Ansprache der unbewussten Emotionen löst den Kaufimpuls aus. Die Emotionen sind nämlich für 80 bis 95 Prozent aller Kauf-und Wahlentscheidungen verantwortlich (Häusel 2013).

Bauchgefühl statt Homo oeconomicus

Nicht nur die Finanzkrise der letzten Jahre hat gezeigt, dass es den rein rational die Alternativen abwägenden Homo oeconomicus nicht gibt. "Alle Entscheidungen sind letztlich Gefühlsentscheidungen. Entscheidungen ohne Gefühl gibt es gar nicht", meint dazu der Neurobiologe Gerhard Roth, Gründungsrektor des Hanse-Wissenschaftskollegs in Elmenhorst und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Ein Team der Universität Münster stellte 2002 zum Beispiel fest, dass sich der Verstand geradezu ausschaltet, wenn wir mit unserem Lieblingskaffee konfrontiert werden (Kenning et al. 2002). Die Entscheidung wird also von den Gefühlsregionen im Gehirn übernommen.

Den "Kaufknopf" im Kopf gibt es nicht

Angesichts des Hypes um Neuromarketing sollte man dessen Potential aber nicht überschätzen. Den "Kaufknopf" im Kopf, den man aktivieren muss, gibt es nicht. Die Wahrnehmung des Menschen ist individuell und wird von verschiedenen Faktoren geprägt: Erziehung, Familie, Erwartungen und Kontext. Es reicht also nicht, im Supermarkt einfach den Korkenzieher neben dem Wein zu platzieren.

Literatur

Hans-Georg Häusel (2013): , 2. Auflage, Freiburg i. Br. (Haufe-Lexware)

Peter Kenning, Hilke Plaßmann, Michael Deppe, Harald Kugel, Wolfram Schwindt (2002): Die Entdeckung der kortikalen Entlastung, Neuroökonomische Forschungsberichte Nr. 1, online: http://www.neuromarketing-sales.de/fileadmin/user_upload/pdf/Endversion-2-Auflage.pdf [2013-03-05]

Gerhard Roth (o. J.): Wie unser Gehirn Entscheidungen trifft, online: http://www.zfu.ch/service/fartikel/fartikel_03_jub.htm [2013-03-05]

Christian Scheier, Dirk Bayas-Linke, Johannes Schneider (2010): , Freiburg i. Br. (Haufe-Lexware)

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Kommentare

BennyBriesemeister

Ein interessanter Artikel, der meiner Meinung nach recht gut die Themen und Einsatzgebiete des Neuromarketing und der Neuroökonomie beschreibt - allerdings ohne zwischen diesen beiden zu differenzieren (siehe zum Beispiel http://discover-neuro.de/neuromarketing-was-ist-das-eigentlich/).Um einen Überblick zu bekommen ist der Artikel aber sehr empfehlenswert, wie ich finde. Mal schauen, ob in der Zukunft noch mehr zum Thema kommt...

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