Wirkungsvoll Präsentieren trotz PowerPoint

von Anita Hermann-Ruess

A. Hermann-Ruess: Wirkungsvoll Präsentieren – Das Buch voller IdeenBeamer an und ab geht die multimediale Show mit Charts, Tabellen, Bulletpoint-Listen und gelegentlich auflockernden Animationen. Das hält die Zuhörer bei der Stange und beeindruckt den Chef. Ein Irrtum, denn alles was man damit erreicht ist Langeweile, Ablehnung und keineswegs beeindruckte zuhörer. Die Kommunikationsexpertin Anita Hermann-Ruess zeigt, wie man trotz PowerPoint informative und mitreißende Präsentationen gestalten.

Erster Irrtum: PowerPoint - In Folienschlachten gibt es keine Sieger

Kaum ein Medium eignet sich besser dazu, seine Zuhörer in Trance zu reden, als das Duo Beamer und PowerPoint. Eine Technik, die ursprünglich dazu diente, uns Präsentierenden das Leben zu erleichtern, hat sich – vielleicht genau aus diesem Grund – verselbstständigt. Sie öffnen Powerpoint und zählen in Stichworten alles auf und gliedern es ein wenig. Das geht schnell und ist einfach – und ist deshalb so verlockend. Solange Ihre Mitbewerber auch so präsentieren und Ihre Teilnehmer nur diesen Standard kennen, können Sie so weitermachen ohne große Verluste, denn im freien Wettbewerb reicht es, wenn man nur ein bisschen besser ist als der Mitbewerber oder der Meinungsgegner.

Disclaimer: Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen von Autor und Verlag zur Verfügung gestellten Text. Für die Veröffentlichung erhalte ich jedoch kein Honorar oder anderweitige Vergünstigungen.

Kennen Sie diese Situation? Sie sitzen als Teilnehmer in einer Präsentation. Der Raum: leicht abgedunkelt. Leise summt der Beamer. Vorne: ein Mensch. Er hantiert mit Kabeln und Steckern. Um Sie herum: Kollegen, Ihre Vorgesetzten. Die schenken sich Kaffee ein und lehnen sich skeptisch und verschlossen zurück. Mitten ins Gemurmel beginnt der Mensch dort vorne seine Präsentation. Auf einer leuchtenden großen Leinwand steht: „Herzlich willkommen!“ Er schaut die Wand an und wiederholt, was Sie schon längst gelesen haben: „Herzlich willkommen“. Die Teilnehmer sinken noch tiefer in ihre Stühle. Was jetzt kommt, Sie ahnen es: die professionelle Aufzählungs-Folienschlacht. Prima strukturiert, mit perfekten Bildern, Animationen, sogar mit Video und 3D-Grafiken. Mit viel Text, mit vielen Vorteilen, mit anscheinend hohem Nutzen für Sie und Ihre Kollegen und Vorgesetzten. Mit einem von einer renommierten Werbeagentur gestalteten Master. Die Folie blendet langsam ein, dehnt sich aus und zieht sich beim Ausgang wieder zusammen, während im Halbdunkel eine monotone Stimme die Charts mit den vielen Aufzählungen abliest, den Blick starr auf die leuchtenden Folien gerichtet. Eine Folie löst die andere ab: 10...20...30 Folien. Sie nutzen die Zeit, um sich von Ihrem anstrengenden Berufsalltag zu erholen, und dösen mit geöffneten Augen. Was unser Präsentator leider nicht bemerkt – kehrt er Ihnen und Ihren Kollegen doch hauptsächlich seinen Rücken zu.

Die Diskussion danach ist hart: Kritische Fragen werden laut, Vorbehalte geäußert, Entscheidungen vertagt. Das kostet Zeit, das kostet Nerven, das kostet Geld. Oder, wenn es sich um eine Akquise-Präsentation handelte: Das kostet Aufträge! Ein Teufelskreis, der nicht nur unseren Präsentierenden schädigt, sondern ganze Unternehmen, die ganze Volkswirtschaft.

Folienschlachten kann keiner gewinnen. Weder Sie noch Ihre Zuhörer – höchstens Ihr Wettbewerber oder Meinungsgegner. Da sich in letzter Zeit viele Foren, Experten und sogar MicroSoft kritisch zu einseitigen PowerPoint-Aufzählungs-Präsentationen geäußert haben, wird es immer mehr Unternehmen und Präsentierende geben, die anders präsentieren werden. Das bedeutet für Sie: schaffen Sie sich heute schon Vorsprung gegenüber denjenigen, die noch nicht gehirntypgerecht präsentieren.

Zweiter Irrtum: Eindimensionale Rhetorik oder Das Gießkannenprinzip

Die oben beschriebene „professionelle Folienschlacht“ hat noch einen gravierenden Nachteil. Wahllos werden Vorteile und Nutzen des Angebots in Stichworten aufgezählt. Je mehr Argumente wie mit einer Gießkanne über die Teilnehmer gegossen werden, desto besser. Doch so funktioniert der Überzeugungsprozess nicht! Ganz im Gegenteil. Viele Argumente machen angreifbar, unter vielen Argumenten ist immer ein schwaches dabei, viele Argumente machen die Präsentation unkontrollierbar. Und viele Argumente ermüden.

Besser ist es, mit wenigen, aber passenden und somit treffenden Argumenten auszukommen. Diese sollten mitten ins Herz (in der Sprache der Gehirnforschung: mitten ins Werte- und Emotionssystem) Ihrer Teilnehmer treffen. Gute Präsentatoren kommen mit wenigen Argumenten aus! In der Vorbereitung überlegen sie sehr lange, welches genau das eine Argument sein wird, mit dem sie überzeugen werden.

Konstantin Wecker erzählte in der Talkshow „Nachtcafé“ des SWR, dass viele Menschen ihn überzeugen wollten, keine Drogen mehr zu nehmen. Doch er empfand sie alle als langweilige Spießer. Doch dann hat ein einziger Satz seiner Mutter ihn zur Umkehr bewegt. Sie sagte „Wie kann ein Mensch, dem Freiheit so viel bedeutet, sich von einem Stoff so abhängig machen?“

Die Mutter hat genau die richtige Taste auf der Klaviatur der Werte und Emotionen getroffen, indem sie den höchsten Wert und den höchsten Anti-Wert Ihres Sohnes zum Anklingen brachte: Freiheit und Abhängigkeit. Und ähnlich wie die unsichtbaren Schwingungen der Musik breiten sich solche Sätze in uns Menschen aus: sie wirken mächtig über unsere Jahrmillionen alten limbischen Instruktionen. Mit nur einem einzigen Satz!

Vorgehensweise: Visualisierung einer Präsentation

1. Erst die Strategie

Bevor Sie mit der endgültigen Gestaltung Ihrer Visualisierungen beginnen, ist es wichtig, über die Strategie nachzudenken:

  • Welche komplexen Zusammenhänge wollen Sie visualisieren?
  • Wer braucht visuelle Überzeugungsmittel? Das heißt: Wo können Sie Bilder als Argumente einsetzen? Ihre Teilnehmer können sehen, dass Ihre These (Kernbotschaft) stimmt.
  • Welche Überzeugungsmittel wollen Sie visualisieren?
  • Welcher Redestil schätzt welche Visualisierungen?
  • Der logische Redestil: zum Beispiel Tabellen; Zahlengrafiken; Funktionsdarstellungen
  • Der strukturierte Redestil: zum Beispiel Abläufe; Struktogramme; Organigramme
  • Der gefühlvolle Redestil: zum Beispiel Bilder von Menschen; humorvolle Bilder
  • Der experimentelle Redestil: zum Beispiel Überblicksdarstellungen; ästhetisch ansprechende Bilder; visualisierte Analogien
  • Welche emotionalen Aussagen Ihrer Kernbotschaften können Sie über Bilder emotional verstärken?

2. Dann das Konzept

Skribbeln Sie Ihr Konzept. Benutzen Sie hierzu die oberen leeren Bereiche der Notizenseiten Ihres Manuskriptes und einen Bleistift. Wählen Sie das passende Medium. Beispiele:

  • Flip-Chart: wirkt dynamisch und auflockernd, vor allem wenn Sie spontan zeichnen
  • Tisch-Flip: schafft Nähe; funktioniert auch wenn Technik versagt (zum Beispiel Stromausfall, kein Beamer) oder wenn Ihre Teilnehmer keine Beamerpräsentation wünschen
  • Moderationswand: wirkt strukturiert und ordentlich
  • Plakate: wirken professionell und verankern Botschaft im Gedächtnis
  • PowerPoint: wirkt professionell; kann Abläufe animieren; kann ins Internet

Es gibt Medien, mit denen Sie Ihre Botschaften für die gesamte Dauer der Präsentation visualisieren. Das sind zum Beispiel Flip-Charts, Plakate, Moderationswände. Die eignen sich für die Botschaften, die permanent sichtbar sein sollen, zum Beispiel Tagesordnungspunkte oder sehr wichtige Zusammenhänge. Dann gibt es flüchtige Medien wie zum Beispiel Beamer, Overheadprojektor. Diese zeigen Ihre Botschaft nur für kurze Dauer (ohne zu stören). Beachten Sie auch hier: Was sollten Sie permanent sichtbar visualisieren und was nicht?

» Zum zweiten Teil

Die Autorin

Anita Hermann-Ruess, Rhetorik- und Kommunikationsexpertin, ist Inhaberin der Firma Hermann-Ruess und Partner. Ihr Erfolgsrezept: Sie verbindet auf einmalige Weise 2.500 Jahre klassische Rhetorik mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Gehirnforschung und geht mit dem von ihr entwickelten "Limbischen Kommunikationsmodell" einen neuen, zukunftsweisenden Weg. Ihr Buch zum Thema ist bei BusinessVillage 2010 erschienen.

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