Blau, Rot oder Grün? Humanwissenschaft revolutioniert CRM

von Marcel Klotz

Klotz: Competence-SellingFast jedes dritte Labor beantwortete den Werbebrief und vereinbarte Präsentationstermine für das neu entwickelte Messgerät. „Die Rücklaufquote unseres Mailings war dreimal höher als üblich“, freut sich der Marketingleiter eines Herstellers für Labormesstechnik. Sein Kniff bei dieser Aktion: Statt einen hatte er für sein Unternehmen drei verschiedene Brieftexte entwickelt – und sie jeweils „typgerecht“ an die Kunden versendet.

Denn nicht alle Kunden denken und entscheiden gleich, sagt er. Die einen wollen dem Brief nüchtern dargestellte Zahlen, Daten und Fakten zum Produkt entnehmen. Andere lassen sich von Hinweisen auf die Neuigkeit des Produkts, auf den Erfolg und die Chancen begeistern. Und wieder andere mögen einen „menschelnden“ Ton im Brief, sie wollen von der Tradition und Beständigkeit des Herstellers lesen. „Wir haben in dem Mailing die Persönlichkeitsstruktur unserer Kunden berücksichtigt“, erklärt der Marketing-Manager seinen Erfolg, „wir haben individuell die Sprache jedes Kunden gesprochen.“

Disclaimer: Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen von Autor und Verlag zur Verfügung gestellten Text. Für die Veröffentlichung erhalte ich jedoch kein Honorar oder anderweitige Vergünstigungen.

Solche „typgerechten“ Mailings bilden in Marketing, Verkauf und Kundendienst Ausnahmen – noch! Immer mehr Unternehmen schreiben sich Kundenbindung und persönlichen Service auf die Fahnen. Ihr Problem: Kaum ein Unternehmen kennt die Persönlichkeitsstruktur ihrer einzelnen Kunden. Die Kundendatenbanken liefern den Mitarbeitern jede Menge Informationen über die Kunden, darunter ausgefeilte Potenzialanalysen und Auswertungen zur Verkaufshistorie. Was fehlt: Angaben darüber, wie jeder einzelne Kunde „tickt“. Wie Mitarbeiter bei Verkaufsgesprächen, Telefonaten oder im Schriftverkehr genau den Ton treffen können, auf den ihr Gegenüber gestimmt ist. Wie sie ihn in der Kommunikation am besten überzeugen können.

Naturwissenschaft fürs Marketing

Hilfe kommt von Erkenntnissen aus Humanevolution und Genetik. Die Wissenschaft hat die menschliche Persönlichkeit entschlüsselt. Demnach wird die Persönlichkeit von drei genetischen Grundmustern festgelegt. Diese Basismuster bestimmen – in individueller Gewichtung – das Verhalten. Wer diese Muster bei Kunden erkennt, knackt quasi den biologischen Code ihrer Persönlichkeit. Dann kann man individuell richtig bei Werbung, Verkauf und Service argumentieren. Fachleute sprechen von der „Biostrukturanalyse“, einer leicht zu erlernenden Technik der Menschenkenntnis.

In der Praxis kennzeichnen Farben die drei genetisch festgelegten Verhaltensmuster („Komponenten“) - Grün, Rot und Blau. Menschen, die am meisten von den „roten“ Verhaltensmustern gesteuert werden, können sich gut durchsetzen, mögen den Wettkampf, fangen schnell Feuer für Veränderungen und sind risikofreudig. Anders Menschen, bei denen die „grünen“ Verhaltensmuster dominieren: Sie suchen Nähe zu anderen und sind kommunikativ. „Grün“-Dominante vertrauen auf ihre persönlichen Erfahrungen und scheuen starke Veränderungen. Wieder anders die Blau-Dominanten: Sie verhalten sich eher distanziert und orientieren sich an Fakten und Zahlen.

Persönliche Beziehung zu Kunden aufbauen

Beispiel Autohandel. „Autohäuser werden nicht viel erreichen, wenn sie in ihrer Werbung für neue Modelle grün-dominante Kunden über Statusgewinn und Lifestyle erreichen wollen“, erklärt Uwe Bürder von der SalesLearning-Akademie (Lonnig bei Koblenz), „Grün-Dominante lieben Informationen zu Tradition und Zuverlässigkeit - Argumente, für die impulsive Rot-Dominante kaum einen Sinn haben.“

Dies hat auch der Hersteller für Labormesstechnik erkannt. Er hat Daten zur Persönlichkeit („Biostruktur“) jedes Kunden in seiner Datenbank vermerkt und für sein Mailing genutzt. Die Außendienstmitarbeiter schätzen anhand eines Fragebogens bei einem neuen Kunden dessen Persönlichkeit ein. Diese Information hinterlegen sie in der Datenbank, im sogenannten CRM-System („Costumer Relationship Management“). „Dadurch wissen wir, welchen Kontakt wir mit welcher Argumentation für unsere Produkte begeistern können“, erklärt der Vertriebsmanager.

Diese Angaben zur Persönlichkeitsstruktur („Biostruktur“) von Kunden rentieren sich nicht nur für Mailings. Auch Verkaufsgespräche, Telefonakquise und Service- oder Supportkommunikation werden erleichtert. „Im Wettbewerb zählt heute die Fähigkeit der Unternehmen, persönliche Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen“, erklärt Fachmann Michael Hilgert (SalesLearning-Akademie), „dabei muss sich jeder Mitarbeiter, der mit Kunden kommuniziert, schnell auf die Persönlichkeit des Kunden einstellen.“ Hilfreich sind knappe, mit einem Blick zu erfassende Informationen in der Kundendatei. Michael Hilgert: „Wenn ein Mitarbeiter beim Aufrufen der Kundendatei auch über die Biostruktur des Kunden informiert wird, mit dem er gerade spricht – dann wird das Gespräch argumentativ besser und erfolgreicher verlaufen.“

Informationen zur Kundenpersönlichkeit

Diese Chance haben auch Anbieter von CRM-Software erkannt, wie etwa die PAVONE AG (Paderborn). In ihren Datenbanken kann neuerdings die Biostruktur der Kunden vermerkt werden – zusätzlich zu anderen Daten wie Kaufhistorie und strategisches Potenzial. „Der Mitarbeiter, der erstmals mit einem Kundenkontakt spricht, vermerkt dessen Biostruktur im System“, erklärt Jürgen Zirke, Vorstand der PAVONE AG, „dies dauert nicht länger als ein paar Minuten.“ Angezeigt wird danach die Biostruktur als farbiges Symbol, eine Art „Hinweisschild“ zur Persönlichkeit des Kunden.

Solche zusätzlich in den CRM-Systemen hinterlegten Hinweise und Hilfetexte für eine angemessene Vorgehensweise beflügeln Verkauf und Kundenbindung nur, wenn die Mitarbeiter sie tatsächlich nutzen – und darauf vorbereitet wurden. „Mitarbeiter brauchen Training, um die Persönlichkeitsstruktur der Kunden zu erkennen und im Gespräch richtig zu argumentieren“, weiß der Vertriebsmanager des Messgerät-Spezialisten.

Potenzial für dieses „Biotic-CRM“, wie PAVONE sein System nennt, sieht Jürgen Zirke nicht nur bei Verkaufsgesprächen und Mailings, sondern auch bei der Entwicklung von Verkaufsunterlagen, speziellen Sonderangeboten oder Produktpräsentationen. Zirke: „Die im CRM-System hinterlegten Daten lassen sich beliebig miteinander verbinden und auswerten.“ Ein denkbarer Fall: Ein Unternehmen entwickelt speziell für seine blau-dominanten Kunden mit hohem Kaufpotenzial eine Informationsveranstaltung, bei denen Fachleute die technischen Hintergründe zu einem Produkt erläutern. „Ähnlich kann man auch für rot- und grün-dominante Kunden Veranstaltungen maßschneidern“, erläutert Michael Hilgert.

Der Autor

Marcel Klotz, Jahrgang 1959, ist Diplom-Betriebswirt und seit 25 Jahren im Vertrieb von IBM tätig, davon 10 Jahre als Salesdirektor. Neben seiner Arbeit beschäftigt er sich mit Persönlichkeitsentwicklung, Führungsthemen, Structogram® und ist zertifizierter Salestrainer und Coach. Klotz ist zudem Autor des Buchs .

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