PubliGroupe auf dem Holzweg
Google News ist den Verlegern ein Dorn im Auge, weil der Service angeblich die "Qualitätsinhalte" abschöpft, ohne den Verlagen dafür etwas zu bezahlen. Sie sehen in Google gewissermassen das personifizierte Böse, welches die Hauptschuld an der Misere der Branche tragen soll. Seit eh und je wird darum nach Auswegen gesucht. Die einen meinen, dem vermeintlichen Problem mit Leistungsschutzrechten auf dem juristischen Weg beizukommen. Andere versuchen mit hektisch zusammengeschusterten Kopien Google News zu schlagen. Zu letzteren gehört seit kurzem auch die PubliGroup, genauer deren Tochtergesellschaft Publicitas Österreich, die zusammen mit der SNews GmbH - die übrigens ausser dem Namen nichts mit dem von mir verwendeten CMS gemein hat - ein "internationales Netzwerk für redaktionelle Qualitätsinhalte" namens quEDIT.com gestartet hat.
quEDIT.com ist bereits online in der Betaversion abrufbar und soll demnächst für diverse mobile Endgeräte verfügbar sein. Natürlich auch für das ach so gehypte iPad, in welches die Branche so viel Hoffnung steckt. Laut Medienmitteilung soll es sich bei quEDIT.com um "eine neue Lösung" handeln:
"Während die gesamte Medienindustrie über neue Formen der Monetarisierung von Inhalten und Werbung - notabene auch auf neuen Endgeräten wie dem iPad - nachdenkt, sind Publicitas und Snews bereit, dem Markt eine neue Lösung anzubieten."
Aber schauen wir uns diese "neue" Lösung doch mal genauer an. quEDIT.com tritt mit dem vielversprechenden Claim "Meine persönliche Qualität des Lesens" auf und macht doch nichts anderes als Google News: Es werden Nachrichten von deutschsprachigen Zeitungen und Online-Medien mittels deren RSS-Feed aggregiert. OK, es wurden noch ein paar soziale Features wie Tags, ein Share-Button, Kommentare und eine Merkliste hinzugefügt - aber dann ist schon das Ende der Fahnenstange erreicht. Und das soll neue Erlösquellen für Verlage generieren? Offenbar sind die Macher davon überzeugt, dass sie mit diesem Google News-Klon in Verbindung mit Micro-Payment - man soll wohl in Zukunft einzelne Inhalte kaufen und archivieren können - tatsächlich den Stein der Weisen gefunden zu haben.
Wer ist nun der "Dieb"?
Abgesehen von den sozialen Features unterscheidet sich das Portal aber noch in einem ganz anderen Punkt deutlich von Google - es aggregiert nämlich anders als Google News nicht nur die ersten 200 Zeichen (inkl. Leerschläge) der Artikel, sondern meistens gleich die ganzen Inhalte. Zwar findet man auch bei quEDIT.com unterhalb eines jeden Artikels einen Button, der auf den Originalbeitrag verlinkt. Nur, wieso sollte ich den klicken, wenn ich eh schon den ganzen Text bei quEDIT.com finde? Wenn also jemand von den Verlagen "stiehlt", dann diese Plattform und nicht Google. Ich frage mich wirklich, warum die Verlage da mitmachen. Oder sind sie bereits so verzweifelt, dass sie auf alles aufspringen, was ihnen präsentiert wird? Eisenbahnen und Zeitungen haben wohl doch mehr gemeinsam, als man denkt.
Zum Vergleich: oben ein von quEDIT.com komplett von "Spiegel Online" übernommener Beitrag, unten das entsprechende Suchergebnis bei Google News.
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