Moglen: "The death of Steve Jobs was a good thing."
Die diesjährige re:publica begann mit einer wahren Brandrede. Eben Moglen, Professor für Recht und Geschichte an der Columbia University, wandte sich mit einem eindringlichen Aufruf für freie Software und freie Netze an die versammelte Netzgemeinde. Moglen postulierte, dass in weniger als zwei Generationen jeder Mensch mit seinem gesamten Denken und Leben im Internet eingebunden sein werde und dass wir die letzte Generation seien, die entscheiden könne, wie dieses Netzwerk organisiert sein werde - frei oder unfrei. Ihm zufolge sind wir die letzte Generation, dessen Gehirn noch nicht von Anfang an in direkter Verbindung mit dem Netz geformt wird.
Moglen begann mit einer kurzen Tour durch die Geschichte der Freiheitsrechte, die unsere Vorfahren seit der Aufklärung unter Entbehrungen und Opfern erkämpft haben und die wir nun online aus Bequemlichkeit einfach über Bord werfen. Er kritisierte scharf die möglichst viele Nutzerdaten sammelnden Internet-Unternehmen wie Google und Facebook. "Da gibt es eine Suchbox und wir geben unsere Träume ein. Sie verdauen sie dann und sagen uns, wer wir sind": Im 20. Jahrhundert musste man Menschen noch foltern, damit sie über ihre Freunde reden, heute machen das alle ganz selbstverständlich und freiwillig.
Moglens Kernthese lautete, dass sich die Menscheit zu einem vernetzten Superorganismus hin entwickelt, in dem wir nicht mehr Medienkonsumenten sind, sondern unsererseits von den Medien konsumiert, gefangen, beobachtet usw. werden.
Steve Jobs "screwed us"
Nachdem Moglen früher vor allem Microsoft kritisiert hatte, richtete er jetzt scharfe Kritik gegen Apple: "Jobs was a great artist and a moral monster, as an artist he hated sharing. He took everything we gave him and he screwed us." Der Tod von Steve Jobs sei daher, so tragisch er auch ist, eine gute Sache für freie Netze und freie Software gewesen. Den Regierungen in aller Welt warf er vor, Instrumente zu entwickeln, um mit der Analyse digitaler Nutzerdaten die soziale Kontrolle über die Bevölkerung zu perfektionieren.
Als Ausweg nannte Moglen die Entwicklung von freien Medien im Internet. Dafür sei die Nutzung freier Software und freier Technologien ebenso erforderlich wie die Entwicklung freier Telekommunikationsinfrastruktur. Im Kern ging es ihm also um die emanzipatorische Wirkungskraft des Free-Software-Gedankens.
Hier noch ein Interview mit Moglen, welches dctp.tv als Medienpartner der re:publica vor Ort aufgenommen hat:
Um das Chaos meiner englischen Notizen etwas besser ordnen zu können, basiert dieser Text auf einem Beitrag, der bei bluewin.ch erschienen ist.
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