Taggen für ein besseres Web
Informationen so zu organisieren und zu kennzeichnen, dass sie jederzeit wiederauffindbar sind, ist eine der grössten Herausforderungen des Wissensmanagements. Bislang existieren zwei populäre Methoden, um das Problem der Organisation von Information online zu adressieren. Die eine ist eher traditionell-hierarchisch, die andere setzt auf die vielbeschworene "Weisheit der Massen": Zum einen eine konstruierte, von oben aufgezwungene hierarchische Taxonomie, und eine von unten her organisch wachsende Folksonomie (eine nutzergenerierte Taxonomie mittels Tags, auch social tagging genannt). Informatiker der TU Graz haben sich nun der letzteren Methode angenommen und einen Ansatz entwickelt, um Tags künftig geschickt zu verknüpfen.
Die intelligente Verknüpfung der Tags hebt das Konzept der Folksonomy auf eine neue Ebene: "Man könnte zum Beispiel alle Ressourcen zum Thema 'Basel II' aus der Sicht eines Unternehmens zusammenfassend darstellen und auch Beziehungen zu verwandten Konzepten wie 'Banken' oder 'Krise' automatisch extrahieren", sagte Markus Strohmaier vom Institut für Wissensmanagement der TU Graz und Leiter des Projekts TransAgere gegenüber den Medien. Ebenfalls denkbar wäre eine intelligentere Verknüpfung von Inhalten wie WordPress-Blogeinträge und YouTube-Videos mithilfe ihrer jeweiligen Tags. Dabei dürften gerade wortreiche Ausführungen von grossem Wert sein.
Folksonomien stellen einen Mehrwert dar
Strohmaier und seine Kollegen gehen davon aus, dass User-generierte Tags einen klaren Mehrwert für die Suche darstellen können. Ein Vorteil von Tags ist zum Beispiel, dass die Nutzer sie für unterschiedlichste Ressourcen wie Bilder, Dokumente oder URLs sehr einfach vergeben können. Ausserdem können Video- oder Audioinhalte verschlagwortet werden, die über herkömmliche Mechanismen nur schwer durchsuchbar sind (vgl. dazu auch hier und hier).
Entsprechend gross ist das Potenzial allein der von Nutzern als öffentlich deklarierten Tags. Verknüpft man diese zu einem Begriffsnetzwerk, hilft jeder Einzelne nebenbei mit, ein intelligenteres Web zu schaffen. Im Rahmen des laufenden Projekts befassen sich die Wissenschafter insbesondere damit, wie Tags am besten für eine intelligentere Web-Suche genutzt werden können.
Wortreich ist besser
In einem Experiment haben die Informatiker unter Zuhilfenahme des Rechenclusters der Universität Kassel ein Netzwerk mit 660'000 Benutzern untersucht, die über 140 Mio. Tags vergeben hatten. Dabei hat sich gezeigt, dass manche User Inhalte mit Tags einfach nur kategorisieren. Bestimmte Personen beschreiben die Ressourcen jedoch genauer und stellen so nützlichere Daten bereit. Gerade diese wortreich beschreibenden Nutzer könnten dem Experiment zufolge die Grundlage für eine wirklich ausgefeilte semantische Tag-Suche liefern.
Die Forschungsarbeit über dieses Experiment unter dem Titel "Stop Thinking, Start Tagging: Tag Semantics Emerge From Collaborative Verbosity" kann hier als PDF heruntergeladen werden und wird kommende Woche im Rahmen der diesjährigen World Wide Web Conference präsentiert.
In einem weiteren Beitrag morgen werde ich die die Vor- und Nachteile von Folksonomien beschreiben und der Frage nachgehen, welche der beiden Methoden - Taxonomie oder Folksonomie - jeweils die geeignetere ist.
Quellen: TU Graz, pte
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